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Recht auf Zeit.(572x800) Gemälde: „Recht auf Zeit“

Der Lebensarchitektur e.V. ist die einzige Hilfsorganisation in Deutschland, von Menschen gegründet, die selbst in Einrichtungen gelebt haben. Im Mittelpunkt der Lebensarchitektur-Reformpädagogik steht eine professionelle Achtsamkeit und ein Zusammenleben auf Augenhöhe mit den anvertrauten Kindern und Jugendlichen. Institutionelle Stigmatisierungen sind nicht länger hinnehmbar. Sie stellen einen Verstoß gegen die allgemeinen Menschenrechte dar.

Wir fordern einen anderen Blick auf Kinder, die in Einrichtungen leben, insbesondere die Gleichstellung der Kinder, in Sprache, Haltung und Wertschätzung durch die Erziehungsverantwortlichen, unabhängig davon, ob sie bei ihren Eltern aufwachsen oder in professionellen Hilfen zur Erziehung!

Die Lebensarchitektur-Reformpädagogik setzt diese Forderung erstmals systematisch und konzeptionell um.  Warum werden die Hilfen für Kinder in Einrichtungen mit einer merkwürdigen Sondersprache belegt?  –   Ein Zuhause kann z.B. nicht „stationäres Wohnen“ oder „Gruppe“ heißen. Wenn wir Kinder erziehen, dann gehen wir nicht „in die Arbeit“, sondern kommen in die „Wohngemeinschaft“.  Oder gehen Eltern etwa zu ihren Kindern in die Frühschicht, wenn sie mit ihren Kindern  gemeinsam frühstücken?

Die pädagogischen Fachkräfte der Lebensarchitektur üben ihre Tätigkeit in der Überzeugung aus, dass Kinder und Jugendliche u.a. keine Arbeitsobjekte, Fälle oder Klienten sind. In allen Belangen ist es die Basis der Lebensarchitekturpädagogik, dass Menschen wie Du und ich bleiben, auch und gerade wenn die Eltern Hilfen zur Erziehung erhalten. Die Lebensarchitektur fordert für die professionellen Hilfen zur Erziehung einen Paradigmenwechsel hin zur Normalität, das heißt, weg von vorklinischen und an Defiziten orientierten Zuschreibungen.

Demgegenüber stehen heute immer noch weitverbreitet die professionellen Hilfen in einer wenig reflektierten, defizitorientierten Denktradition, die Kinder meist nonverbal für ihr Schicksal verantwortlich macht. Dabei wurden die Kinder sogar finanziell haftbar gemacht, § 94  Absatz 6 SGB VIII [bis 31.12.2022], wenn die Eltern Hilfen zur Erziehung erhalten.

Die Geschichte zum größten Erfolg des Lebensarchitektur e.V. seit Gründung 2014:

Unerträgliche, lange 30 Jahre nach Einführung des SGB VIII, gelang es den großen sozialen Trägern in Deutschland nicht die Reduzierung bzw. die Abschaffung der finanziellen Haftung der Kinder durch sog. „Kostenbeiträge“ durchzusetzen, wenn ihre Eltern Hilfen zur Erziehung erhalten. Das Problem: Kinder und Jugendliche in Einrichtungen mussten von sämtlichen Einnahmen, ob von Geldgeschenken, vom Zeitungsaustragen, Ferienjob und vor allem von ihrer Ausbildungsvergütung, unglaubliche 75% an das örtliche Jugendamt abgeben. Aber nicht weil es das Jugendamt wollte, sondern weil es ein Bundesgesetz im § 94 Absatz 6 [alt] so bestimmte. Welcher Mensch in Deutschland wäre bereit gewesen 75% von seinem Gehalt an eine staatliche Behörde abzugeben? Bei sog. Heimkindern war man sich jahrzehntelang sicher: Sie können sich nicht wehren.

Statt dessen verhängten soziale Organisationen Verbote weitere Veranstaltungen durchzuführen, um auf ihre Forderung, vor allem der Abschaffung der Kostenbeitragspflicht für Kinder, nach § 94 VI [alt], aber auch Abschaffung der stigmatisierenden Sprache und damit verbundenen Haltung in den Hilfen zur Erziehung, zu erreichen. Auch Interviewanfragen der ARD sagten nach Auskunft der Medienvertreter die reihenweise angefragte sozialen Träger ab, umso mehr waren die offen Türen der Lebensarchitektur gefragt.

Nüchtern bleibt festzustellen: Keine Organisation in Deutschland engagierte sich für die Abschaffung der Kostenbeiträge für Kinder, wie erstmals der Lebensarchitektur e.V.. Manchmal gab es „Sonntagsreden“ von Organisationsvertretern, die die Kostenbeiträge der Kinder zu den erzieherischen Hilfen für Eltern kritisierten. Als aber eine besonders prominente, soziale Organisation, sogar ein Aktivitätsverbot in ihrer Einrichtung verhängte und den Pädagogen und ihren Bewohnern weitere Veranstaltungen mit Politikern zum Thema „Kostenbeiträge“ untersagte und den Verantwortlichen mit „dienstlichen Konsequenzen“ drohte (z.B. Verbot von Veranstaltungen, wie s.u. „General unter Feuer“), weil dies Spender verschrecken würde, führte dieses Verbot zum Initialfunken für die Gründung des Lebensarchitektur e.V..

Endlich gab es keine Behinderungen und keine Verbote mehr. Die Lebensarchitektur nahm direkten und persönlichen Kontakt mit den gewählten Abgeordneten auf, um auf den Gesetzgeber – ohne Rede- und Kontaktverbote – Einfluss zu nehmen. Wiederholte TV-Sendungen und Rundfunkbeiträge mit der Lebensarchitektur folgten und berichteten zum Thema „Kostenbeiträge“ z.B. aus der Lebensarchitektur Lagerlechfeld u.a. 2020 (ARD Report), 2021 (ARD Tagesthemen „mittendrin“) und 2022 (ARD Tagesthemen) über die finanzielle Haftung der Kinder, wenn ihre Eltern Hilfen zur Erziehung erhalten. Die vielen Zuschriften an den Lebensarchitektur e.V. zeigten, dass die meisten Menschen in Deutschland zum 1. Mal davon hörten und über diese Praxis empört waren.

Aus den Kontakten mit Abgeordneten in den Parlamenten bis hin zum offenen Appell des Lebensarchitektur e.V. im April 2021 an alle MinisterpräsidentInnen der 16 Bundesländer, entstand ein Rückenwind und einer Solidaritätswelle aus allen Teilen Deutschlands. Die politischen Entscheidungsträger wurden vom Vorstand und Kuratorium des Lebensarchitektur e.V. zur Reduzierung bzw. Abschaffung der finanziellen Kinderhaftung aufgefordert. https://lebens-architektur.org/wortlaut-des-offenen-appells-an-die-ministerpraesidentinn-en-und-buergermeister-der-16-bundeslaender/ zur Abschaffung der Kostenbeitragspflicht der Kinder und Jugendlichen in Einrichtungen

Wortlaut des Offenen Appells an die Ministerpräsidentinn/en und Bürgermeister der 16 Bundesländer

Die Vertretungen der Lebensarchitektur e.V. nahmen in Berlin an der maßgeblichen Bundesratssitzung am 7. Mai 2021 teil.  Keine andere soziale Organisation nach SGB VIII war an diesem entscheidenden Tag auf der Gästebühne des Bundesrates anzutreffen. Ein Bewusstseinsumschwung konnte bei einem Teil der politisch Verantwortlichen festgestellt werden.  Dennoch bestand bis zuletzt Unsicherheit, ob der Bundesrat einer Beitragsreduzierung von 75% auf 25% zustimmen würde.

Große Erleichterung löste dann der Beschluss einer Beitragsreduzierung von 75% auf 25% aus, über den erneut die ARD live während Abstimmung des Bundesrates aus der Lebensarchitektur-Wohngemeinschaft in Lagerlechfeld berichtete.

Am 16. Dezember 2022 stimmte dann der Bundesrat dem Bundestagsbeschluss zu, die Kostenbeitragspflicht der Kinder vollständig abzuschaffen. Ein jahrzehntelanger Kampf der GründerInnen der Lebensarchitektur von 2002-2022 führte zum Erfolg, der von manchen als ein vermessenes Ansinnen der Lebensarchitektur angesehen wurde. „Glaubt ihr, ihr schafft es ein Bundesgesetz zu verändern?“ lauteten wiederholte Angriffe. Demgegenüber sah und sieht der Lebensarchitektur e.V. die Demokratie als die beste Staatsform aktiv mitzuwirken, statt in Resignation, Apathie oder Aggression zu verfallen.

Vieles war durch die hohen Zwangsabgaben den Kindern nicht möglich, weil ihnen ihre eigenen finanziellen Mittel genommen wurden.  Noch immer ist es – selbst in der Fachwelt – nicht Allgemeingut , dass Kinder völlig unverschuldet in diese Lebenssituationen geraten.

Am Schluss hat sich das politische Engagement der LebensarchitektInnen, ihr Durchhalten und die Hartnäckigkeit gegenüber den politisch Verantwortlichen gelohnt.

Seit dem 01.01.2023 sind die Kinder, deren Eltern Hilfen zur Erziehung erhalten und in Einrichtungen aufwachsen,  von den  sog. Kostenbeiträgen, befreit. Der 16jährige Auszubildende in der Lebensarchitektur-Gütersloh ist erleichtert: „Jetzt kann ich von meinem Lehrlingsgehalt selbst auf den Führerschein sparen und muss nicht beim Amt darum betteln“.

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