Besuch des Dokumentationszentrums KZ Bergen-Belsen

Beim gemeinsamen Aufwachsen von geflüchteten und deutschen Kindern und Jugendlichen im Lebensarchitektur e.V., steht das gegenseitige Lernen und Verstehen im Mittelpunkt. Dazu gehört ganz besonders auch die Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte.

Umso erfreulicher war es, als der mittlerweile 18jährige türkisch-kurdische Bewohner der Wohngemeinschaft den Vorschlag machte, den Jahresausflug dieses Jahr in ein Konzentrationslager zu unternehmen.

Zum 80. Jahrestag der Befreiung fiel die Wahl auf Bergen Belsen. Am Vormittag trafen die 11 Teilnehmer im Vorgarten der Wohngemeinschaft ein und starteten nach kurzer Einführung den Ausflug.

Bei der Ankunft war trotz der zahlreichen Besucher eine Stille spürbar. Im Dokumentationszentrum stimmten die Fotodokumentationen und Filme aus dem Lager 1943 – 1945 in das Grauen jener Jahre ein, die die Stimmen noch leiser werden ließen. Jeder Bericht, jeder Brief, die persönlichen letzten Habseligkeiten von ausgehungerten, gefolterten und zur Vernichtung bestimmten Menschen, entwürdigte, nackte Menschen, die erst ihrer Gräber schaufeln, dann erschossen und schließlich buchstäblich weggeworfen wurden, ließen verstummen. Einfach zum unwerten Leben erklärte Menschen, Menschenmassen, zu der jeder von uns auch hätten zählen können, provozierten die Frage: Warum?

Auch die jugendliche Anne Frank wurde hier kurz vor der Befreiung des Lagers noch hingerichtet. Weltberühmt ist ihr Tagebuch, das es auch in Bergen Belsen in vielen Sprachen zu kaufen gibt. Wer zusagte das Tagebuch zu lesen, dem kaufte die  Lebensarchitektur vor Ort das Tagebuch.

Beim folgenden Rundgang sind die Felder des KZ Geländes von langgezogenen Hügeln umgrenzt. Sie verbergen die zigtausend Toten, die nach der Flucht der Aufseherinnen und Aufseher und des gesamten Wachpersonals über die Felder verstreut wie Müll zurückgelassen wurden.

Auf einem Grabstein mitten auf dem Feld, wo einst tausende Leichen liegen blieben, ist u.a. wieder der Name Anne Frank zu lesen. Ohne Worte stellen sich alle Besucher der Lebensarchitektur um ihren Grabstein. Beklemmende Stille. Eine Jugendliche, wie die Bewohner der Lebensarchitektur. „Mir war ganz bange geworden“, sagt später dazu Müslim aus dem Betreuten Wohnen.

Unweit daneben wird eine betagte Zeitzeugin von einem TV-Sender interviewt; sie berichtet vom Unfassbaren, leise sprechend in stockenden Worten. Die Dimension der Verbrechen an diesem Ort spürend, dokumentiert der eine und andere mit seinem Handy das Interview.

Kommentare sind geschlossen.